Medien in der Kommunikations- wissenschaft


Der Begriff der Kommunikation ist schwer zu definieren, da er für eine Vielzahl an gesellschaftlichen und technischen Prozessen verwendet wird. Im »Fischer Lexikon Publizistik/Massenkommunikation« bezeichnet Winfried Schulz Kommunikation als einen »Vorgang, der auf gestimmten Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Subjekten beruht.« Weiter beschreibt er den Kommunikationsprozess:

»Gemeinsam haben Kommunizierende: erstens eine materielle oder energetische Verbindung zur Übertragung von Signalen; zweitens eine durch Erwartungen gekennzeichnete Beziehung, aus der Information entsteht; drittens bestimmte übereinstimmende Kognitionen, d.h. Wissen, Erfahrungen, Bewertungen usw., aus denen sich die Erfahrungen ableiten und die den Signalen Bedeutung verleihen; und viertens bestimmte Absichten oder Folgen in bezug auf ihren Zustand oder ihr Verhalten. … Kommunikation ist ein Prozeß. … Kommunikation bestärkt in der Regel die vorhandene Gemeinsamkeit an Erfahrungen oder stiftet neue Gemeinsamkeiten.« ((Schulz 1999a, Stichwort Kommunikationsprozess: S. 140))

Diese Arbeit konzentriert sich auf die Soziale Kommunikation, die in unterschiedliche Arten aufgeteilt wird. Die Kommunikationstypen können nach Kunczik in interpersonale (dyadische) Kommunikation, Gruppenkommunikation, kategoriale Kommunikation und Massenkommunikation unterschieden werden. ((Vgl. Modellversuch Journalisten-Weiterbildung 1989a: S. 42 f.)) Ein klassisches Beispiel für interpersonale Kommunikation ist ein direkter Dialog von zwei Menschen, die sich am selben Ort befinden. Ein Beispiel für kategoriale Kommunikation ist der Polizeifunk. Die Teilnehmer kennen sich nicht oder nur wenig. Gruppenkommunikation ist vergleichbar mit einem Dozenten, der zu seinen Studenten spricht. Die Beteiligten kennen sich ansatzweise und haben zumindest die Möglichkeit die Rollen zu tauschen.

Gerhard Maletzke unterscheidet in seinem Werk »Grundbegriffe der Massenkommunikation«, »die direkte und indirekte, die gegenseitige und einseitige, die private und öffentliche Kommunikation.« ((Maletzke 1962: S. 27)) Direkte Kommunikation (engl. face-to-face) läuft ohne ein vermittelndes Medium auf interpersonaler Ebene ab. Indirekte Kommunikation ist medienvermittelt, da die Teilnehmer räumlich und zeitlich oder raumzeitlich voneinander getrennt sind. Durch diese Merkmale können Massenkommunikation und Telekommunikation auch unterschieden werden.

Massenkommunikation ist eine Form der einseitigen Kommunikation, in der es dem Empfänger nicht möglich ist zum Sender zu werden und auf die empfangene Nachricht zu reagieren. Ihre entscheidendsten Merkmale sind Einseitigkeit und Asynchronität. Die Verbreitung von Informationen ist hier vorrangig.

Telekommunikation stellt eine Verbindung zwischen einzelnen Kommunikationspartnern her. Dabei kommt eine beidseitige Kommunikation zustande. Die Teilnehmer tauschen dabei Informationen aus, interagieren also miteinander. Außerdem lassen sich private und öffentliche Kommunikation unterscheiden. Die öffentliche Kommunikation ist an alle gerichtet, die private an ausgewählte Empfänger. Auch kann eine Unterscheidung in asynchrone und synchrone Kommunikation unternommen werden. Ein Gespräch zwischen zwei Menschen über das Telefon ist synchron, da die Teilnehmer zur gleichen Zeit miteinander reden. Eine Kommunikation über E-Mail Nachrichten hingegen ist asynchron, weil die beide Parteien zeitlich versetzt miteinander kommunizieren.

Der Begriff der Medien besitzt mehrere Bedeutungen. Medien können im allgemeinen materielle Medien, also Luft, Kupferkabel, etc. sein, die zur Informationsübermittlung dienen. Außerdem werden kommunikative Medien unterschieden wozu Sprache und andere Zeichensysteme gehören. Technische Medien sind zum Beispiel Kameras, Fernsehapparate und Druckmaschinen, also alle Geräte, die zur Ausstrahlung und zum Empfang von Signalen dienen. Auch Medien als Einzel- oder Gesamtinstitution sind unter dem Begriff zu verstehen. So sind die Zeitung und das Fernsehen genauso ein Medium wie ein einzelner Zeitungstitel oder eine Sendeanstalt. Medien, die Technologien der Telekommunikation nutzen, sind unter dem Begriff Transaktions-Medien bekannt. Anstelle von Massenmedium sprechen Medienwissenschaftler heute oft von Broadcasting-Medien oder von »Medien der öffentlichen Kommunikation«. ((Vgl. Ong 2004: S. 101 ff., Vgl. Hasebrink 2006a: S. 10))

In dem Buch »Oralität und Literalität« aus dem Jahre 1982 beschreibt Walter Ong den Unterschied zwischen Medien und menschlicher Kommunikation:

»Menschliche Kommunikation ist niemals einseitig. Sie verlangt nicht nur stets eine Antwort, auch ihre Form und ihr Inhalt sind durch die antizipierte Antwort geprägt. … Dies ist das Paradoxon der menschlichen Kommunikation, sie ist intersubjektiv, das Medien-Modell ist es nicht. Es gibt kein adäquates Modell im physikalischen Universum für diese Bewußtseinsoperation, die spezifisch menschlich ist, die die Fähigkeit des Menschen beweist, wirkliche Gemeinschaften zu bilden in welchen die Subjekte einen tiefen und intersubjektiven Austausch pflegen.« ((Ong, 2004: S. 102))

Ong sieht in der medienvermittelten Kommunikation keinen Ersatz zur menschlichen Kommunikation. Hier hat er jedoch zum Vorbild nur das Modell der Massenkommunikation genommen. Wenn Technologien der Telekommunikation angewendet werden, dann kommt ein Gespräch zu Stande und ist die Technologie in der Lage mehrere Menschen miteinander zu verbinden (few-to-few, many-to-many) dann besteht auch die Möglichkeit einer Bildung von Gemeinschaft mit Hilfe von Medientechnologie. Dies wird deutlich an den Online-Communities, die im Kapitel 4.7 näher behandelt werden.

Die Voraussetzungen für Kommunikation sind mindestens zwei Systeme, die der Informationsaufnahme und der Informationsabgabe fähig sind. Dabei sind die verschiedenen Aufgaben nicht festgelegt, sondern können als Rollen immer wieder neu vergeben werden. Ein System kann also abwechselnd Informationen aufnehmen und dann wieder abgeben. Ein erstes lineares Kommunikationsmodell, das sich auf die Überlegungen der mathematischen Informationstheorie stützt, erstellten Shannon und Weaver. In ihm übermittelt die Informationsquelle (source) eine, von ihr ausgewählte, Nachricht (message) als Signal über den Sender (transmitter) an den Empfänger (receiver). Der Empfänger übermittelt die Nachricht an das Ziel (destination). Der gesamte Vorgang ist absichtsvoll, das heißt, die Quelle will mit der Übermittlung der Nachricht an das Ziel etwas erreichen. Die Kommunikation ist technisch vermittelt, was die Differenzierung in Informationsquelle und Sender auf der einen und Empfänger und Ziel auf der anderen Seite verdeutlicht. In dem Modell wird die Störung (noise source) mit einbezogen, die bei der Übermittlung das Signal verändern kann und damit die Kommunikation erschwert. ((Vgl, Schulz 1999a, Stichwort: Kommunikationsprozeß: S. 145))

Grafisches Modell der Kommunikation nach Shannon und Weaver

Abbildung 2.1.: Informationsübermittlung nach Shannon/Weaver, von Einar Faanes (Eigenes Werk) [GFDL, CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

 

Gerhard Maletzke entwickelte im Jahre 1962 ein anerkanntes Modell der Massenkommunikation. In seinem Buch »Einführung in die Massenkommunikation« beschreibt er folgende Merkmale: sie finde öffentlich statt, wird indirekt durch technische Verbreitungsmittel verbreitet, laufe einseitig ab und wende sich an ein disperses, das heißt räumlich und zeitlich verstreutes Publikum. Der Kommunikator (K) produziert die Aussage (A) durch Auswahl derselben und sendet sie über das Medium (M) an den Rezipienten (R). Der wiederum wählt aus, welche Aussage er auf sich einwirken lässt. Den Kommunikator definierte Maletzke als »jede Person, die innerpsychisches Erleben so verschlüsselt und objektiviert, daß sie eine Aussage an einen Kommunikationspartner (Rezipient) weitergeben kann.« ((Vgl. Maletzke 1972: S. 15))

Den Begriff Rezipient beschreibt Maletzke so:

»Zum Rezipienten der Massenkommunikation wird der Mensch, sobald er einen durch ein Massenmedium … vermittelte Aussage soweit ›entschlüsselt‹, daß ihm – zum mindesten in den Grundzügen – der Sinn dieser Aussage zugänglich wird. Somit ist der Rezipient als Partner oder Gegenpol des Kommunikators im Prozeß der Kommunikation zu verstehen.« ((Maletzke 1962: S. 46))

In seinem Feldschema stellt er die zahlreichen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Akteuren der Kommunikation dar. Rezipient und Kommunikator werden durch das jeweilige Selbstbild als auch durch das Bild, was sie voneinander haben, beeinflusst. Auch die sozialen Beziehungen üben Einfluss auf Rezipienten wie auf Kommunikatoren aus. Der Kommunikator muss sich auch an Aussagen messen, die er in der Vergangenheit veröffentlicht hat. ((Vgl. Maletzke 1972: S. 15))

Kommunikationsmodell nach Maletzke

Abbildung 2.2.: Kommunikationsmodell nach Maletzke, Quelle: Maletzke, G. (Hrsg.): Einführung in die Massenkommunikation, S. 14

 

Es wird weiterhin ersichtlich, dass zwischen Rezipient und Kommunikator ein Machtgefälle besteht, da der Rezipient nur in eingeschränktem Maße die Möglichkeit hat, auf die Aussage des Kommunikators eine Antwort zu geben. Diese Form der Kommunikation durch Rückkopplung kann geschehen durch Anrufe oder Leserbriefe. Ob und in welcher Form diese Antwort veröffentlicht wird, ist dem Kommunikator überlassen. Der Rezipient hat keine Möglichkeit aktiv in die Verbreitung von Aussagen einzugreifen und sich zu organisieren, während der Kommunikator die Möglichkeit hat, mit seinen Botschaften viele Rezipienten zu erreichen.

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