Internet – das dezentrale Netzwerk


Die technische Grundlage des Internets sind zahlreiche einzelne Computer und Computer-Netzwerke, die alle miteinander verbunden sind, über standardisierte Protokolle miteinander kommunizieren und Daten in Datenpaketen auf verschiedenen Wegen unabhängig voneinander an die eindeutige Adresse (IP-Adresse) der Zielcomputer versenden. Das Internet-Protokoll (IP) dient dabei dem Versand und dem Empfang von Daten. Das Transmission Control Protocol (TCP) setzt auf das IP auf, arbeitet verbindungsorientiert und gewährleistet die sichere Übertragung der Datenpakete durch Kontrolle und Korrektur.1

Der Vorläufer des Internets, das ARPANET, wurde in den 1960er Jahren entwickelt. Joseph Licklider, der erst als Psychologe und dann als Informatiker am Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätig war, leitete die Entwicklung des Netzes. Sein Ziel war es, die Großrechner der Universitäten zu vernetzen, um deren Ressourcen besser nutzen zu können. Grundlage der Entwicklung war eine kollaborative Zusammenarbeit, die ohne genaue Zielstellungen funktionierte und verschiedene Kommunikationstechnologien zusammen führte.2

Mit der Nutzung des TCP/IP-Protokolls wurde es 1983 zum ARPA-INTERNET und 1990 schließlich wurde das technisch überholte ARPANET aufgegeben und das Internet entstand. Volker Grassmuck bezeichnet in seinem Buch »Freie Software – Zwischen Privat- und Gemeineigentum« das Internet mediengeschichtlich als Anomalie, da es nicht den normalen Entwicklungsprozess über Theorien zum Labor bis hin zur Anwendungsreife durchlaufen habe.3 Im Falle der akademischen Datennetze habe es zu Beginn keine Trennung zwischen Erfindern, Entwicklern und Anwendern gegeben.

Über die Entwicklung des Internet schreibt Grassmuck:

»Die Informatik hat im Netz nicht nur ihren Forschungsgegenstand, sondern gleichzeitig ihr Kommunikations- und Publikationsmedium. Es ist gleichzeitig Infrastruktur und Entwicklerumgebung, die von innen heraus ausgebaut wird.« 4

So war das Internet schon immer ein Ort der Kommunikation und des Austauschs von Wissen, auch wenn diese Anfangs noch dem Kreis der Akademiker vorbehalten war. Ende der 80er und Anfang der 90er wurde das Internet kommerzialisiert und für breite Bevölkerungsschichten zugänglich gemacht. Die meisten Computer besaßen in den USA damals die Fähigkeit zur Vernetzung. Kommerzielle Provider lieferten den Zugang zum Internet und erlaubten ihm ein schnelles Wachstum.5 Sie schlossen sich an das komplexe System der Datenmietleitungen an, die die Struktur des Internets – sein Rückgrat (backbone) – bilden.

Verschiedene Dienste machten die Nutzung des Internets attraktiv. Ein erster Dienst war E-Mail, der schon vor der Entwicklung des Internets auf Großrechnern zur Individualkommunikation genutzt wurde. E-Mail ist ein asynchroner Kommunikationsdienst, bei dem die Kommunikatonspartner nicht gleichzeitig online sein müssen. Im Internet wurde die Möglichkeit von der one-to-many-Kommunikation durch die sogenannten Mailinglisten genutzt. Dabei schickten Teilnehmer E-Mails an die Adresse des Verteilers, womit diese dann an alle Abonnenten des Dienstes verschickt wurden. Ein weiterer Dienst, der entwickelt wurde, war der »Internet Relay Chat« (IRC), der eine synchrone textbasierte Kommunikation ermöglichte.6

Eine andere Form des Kommunikationsdienstes war das dezentrale Diskussionsnetz Usenet das bis ins Jahr 1981 zurückreicht und mit einem Protokoll namens Unix to Unix Copy (UUCP) arbeitet. Usenet ist ein weltweites Diskussionsforum, das auf einer Hierarchie von Rubriken, den sogenannten Newsgroups basiert. Als die Bandbreite ausreichte, wurde es auch zum Austausch von Dateien genutzt.7

Erik Möller schreibt in seinem Buch »Die heimliche Medienrevolution« zur Bedeutung des Usenet für die Entwicklung des Internet:

»Das Usenet kann als historischer Meilenstein betrachtet werden, … weil es erstmals das kreative Potenzial großer Menschenmassen demonstrierte.« 8

Die Diskussion und der Austausch von Dateien ist also schon von Anfang an Bestandteil des Internets gewesen. Genutzt wurden diese immer noch eher von Informatikern, anderen Technikspezialisten, Studenten und Wissenschaftlern. Zugänglich für eine breitere Anwenderschicht wurde das Internet durch den Dienst World Wide Web (WWW), der ein globales, interaktives, plattformübergreifendes Informationssystem darstellt, das auf der Hypertext-Technik basiert. Die Erfinder dieses Dienstes sind der Brite Tim Berners Lee und Robert Cailleau, die die Handhabung von wissenschaftlichen Dokumenten des CERN-Labors erleichtern wollten. Die Kompontenten des WWW sind der HTTP-Server, der durch das Hypertext Transfer Protocol die Übertragung von Webseiten ermöglicht und der Web Browser, der diese Webseiten anzeigt. Der Browser ist ein Anwendungsprogramm, das als universeller Client arbeitet, also mehrere Basisdienste unterstützt. Er arbeitet als Interpreter verschiedener Scriptsprachen, wie Hyper Text Markup Language (HTML), JavaScript, eXtensible Markup Language (XML) und unterstützt die Ausführung von Programmiersprachen wie Java.9

Im WWW lassen sich somit Webseiten mit Text-, Bild-, Audio- und Video-Dateien gestalten und untereinander durch das Setzen von Verweisen verbinden. Der erste von Berners Lee entwickelte Web-Browser war gleichzeitig ein Web-Editor, der die Gestaltung von Webseiten ohne Programmierkenntnisse möglich machte. Diese Technik blieb für Internetnutzern jedoch noch lange unzugänglich.10 Somit waren für die Veröffentlichung von Inhalten Speicherplatz auf einem Server und Kenntnisse der Scriptsprache HTML nötig.

Die Erstellung von Webseiten war zwar weiterhin die Aufgabe von Computerspezialisten, die passive Nutzung der multimedialen Inhalte und die Kommunikation über synchrone und asynchrone Kommunikationsdienste machten das Internet auch für Nicht-Experten interessant. Laut der ARD/ZDF-Online-Studie wuchs die Zahl der gelegentlichen Internet-Nutzer in Deutschland von 4,1 Millionen in 1997 auf 40, 8 Millionen in 2006.11

Durch die hohe Anzahl der Nutzer brachten Wirtschaft, Medien und Politik dem Internet immer größere Beachtung entgegen. So steigert sich die Zahl der Nutzer und die der Dienste-Anbieter immer weiter. Möller schreibt über die Besonderheit des Internets immer neue Dienste hervorzubringen folgendes:

»Es ist wichtig sich erneut zu vergegenwärtigen, dass das Internet ein Sammelmedium ist, das in sich andere Medien vereint – das Spektrum dieser ›Internetmedien‹ ist nahezu unbegrenzt, sie werden in erster Linie als Software implementiert, in Protokollen, die definieren, wie zwischen den Knoten des Netzes kommuniziert wird. Solange eine Menge von Internetknoten sich über ein solches Protokoll einig ist, können sie auf jede vorstellbare Art und Weise Informationen miteinander austauschen.« 12

Die verschiedenen Dienste, die über das Internet zugänglich sind, lassen sich in Kategorien einteilen. Zum einen nutzen Massenmedien das Internet als zusätzlichen Vertriebsweg für ihre Inhalte, zum anderen sind speziell für das Internet generierte Informations- und Unterhaltungsformate wie die Online-Zeitung »Netzeitung« oder das Portal »Second Life« zu finden. Außerdem können Orientierungs- und Serviceangebote interaktiv genutzt werden. Ein Beispiel für Serviceangebote sind Preisvergleichsseiten. Formen der Individual- und Gruppenkommunikation wie E-Mail, Chats und Foren werden im Internet ebenfalls sehr häufig verwendet.

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1 Vgl. Laudien 2006: S. 159 f.

2 Vgl. Möller 2006: S. 22 ff., Vgl. Castells 2005: S. 20 ff.,Vgl. Rheingold 2002: S. 48

3 Vgl. Grassmuck 2004: S. 179

4 Grassmuck 2004: S. 179

5 Vgl. Castells 2005: S. 20 ff.

6 Vgl. Bowman; Willis 2003: S. 30, Vgl. Möller 2006: S. 29 ff.

7 Vgl. Bowman; Willis 2003: S. 16, Vgl. Rheingold 2002: S. 52 f.

8 Möller 2006: S. 32

9 Vgl. Bowman; Willis 2003: S. 16, Vgl. Rheingold 2002: S. 52

10 Vgl. Möller 2006: S. 44 f.

11 Vgl. Datenblatt ARD/ZDF Online Studie: http://www.br-online.de/br-intern/medienforschung/onlinenutzung/

12 Möller 2006: S. 55

 

CC BY-NC 4.0 Dieses Werk ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell 4.0 international.

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