Was sind Partizipative Medien?


Nachrichten als Konversation sind durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft und aktive Mediennutzer möglich geworden. Neue Sichtweisen, neue Entwicklungen, aber auch Kritik sind in den Medien der heutigen Zeit, Teil der eigentlichen Nachricht.

Digitale Technik ermöglicht es uns heute zusammen an Projekten auch über Ländergrenzen hinweg zu arbeiten. Im Internet entstehen Wikis, Websites und auch freie Software durch die Zusammenarbeit vieler Menschen.

Auch im Bereich der Medien zeigt sich eine Entwicklung, die unter verschiedenen Schlagworten bekannt geworden ist. Zum einen sind da die Begriffe citizen media (Bürgermedien) bzw. citizen journalism (Bürgerjournalismus), die nahe legen, dass alle Beteiligten eine Staatsbürgerschaft in einem Land besitzen und daher von einigen Beteiligten abgelehnt werden. Zum anderen werden die Begriffe participatory media (Partizipative Medien) bzw. partizipatory journalism (Partizipativer Journalismus), der mehr Augenmerk auf die Beteiligung und die Zusammenarbeit von Individuen legt.

Bowman und Willis beschreiben die Definition von partizipativen Medien in ihrem Werk „We Media“ aus dem Jahr 2003 so:

»The act of a citizen or group of citizens, playing an active role in the process of collecting, reporting, analysing and disseminating news and information. The intent of this participation is to provide independent, reliable, accurate, wide-ranging and relevant information that a democracy requires.«

Die Zusammenarbeit zwischen Journalisten und Publikum, die durch das Internet in früher nicht realisierbaren Dimensionen und Geschwindigkeiten möglich wird, ist für viele Journalisten in den englisch sprachigen Ländern aber auch in aufstrebenden asiatischen Staaten wie Süd-Korea und in Industrienationen wie Japan die zukunftsweisende Redaktionsstruktur.

Jay Rosen, Journalistik Professor an der New York University, sieht in der Zusammenarbeit von professionellen Journalisten und Amateur Journalisten, die er »pro-am journalism« genannt hat, die vielversprechendste Form des partizipativen Journalismus. Die Stärken einer professionellen Redaktion sieht er in den zuverlässigen Kontrollen, die durch die Geschlossenheit des Systems möglich ist. Diese Geschlossenheit ist aber auch von Nachteil, weil die Redaktion nur so viel weiß wie ihre Redakteure. Rosen bestätigt, dass dieser Fakt noch kein Nachteil war solange das Publikum durch das Internet nicht seine informellen Stärken erkannt hat. Jetzt kann die Zusammenarbeit mit dem Publikum aber neues Wissen, neue Perspektiven und neue Kontrollmechanismen hervorbringen.

Was die Definition von partizipativem Journalismus angeht, sind Bowman und Willis anderer Meinung. Sie bestehen auf wenig oder überhaupt keiner editoriellen Aufsicht durch professionelle Journalisten, da partizipativer Journalismus keine klassisch ausgebildeten Journalisten benötigen würde. Als Beispiel für ihre These nennen sie Weblogs, Foren und Online Communities, die auch ohne Aufsicht effektiv funktionieren. Sie sind der Meinung, die Veröffentlichung ist das Wichtigste und geben die Aufgabe der redaktionellen Bearbeitung und Auswahl von Informationen und Meinungen vollkommen in die Hände der Internetnutzer. Partizipativer Journalismus wird dennoch nicht als Ablösung des professionellen Journalismus verstanden, sondern ist eine Ergänzung des Systems.

Die Zusammenarbeit von professionellen Journalisten mit Bürgern nimmt ungeachtet dessen im neuen Mediensystem einen immer größeren Raum ein. Der amerikanische Technikjournalist, Autor und Gründer der »Grassroots Media Inc.« Dan Gillmor ist überzeugt davon, dass seine Leser ihm bei seiner Recherche und auch bei der Ausarbeitung eines Artikels unterstützen können. In seinem Buch »We the Media« schreibt er:

»It boils down to something simple: readers (or viewers or listeners) collectively know more than media professionals do. This is true by definition: they are many, and we are often just one. We need to recognize and, in the best sense of the word, use their knowledge. If we don’t, our former audience will bolt when they realize they don’t have to settle for half-baked coverage; they can come into the kitchen themselves.«

Diese Zusammenarbeit beschreibt er als »grassroots journalism«, der übersetzt soviel bedeutet wie Graswurzeljournalismus. Gemeint sind damit vor allem Augenzeugen, die aus erster Hand von einem Ereignis berichten. Diese Beiträge sind also sehr subjektiv und unmittelbar, können aber je nach den Fähigkeiten des Schreibers sehr anschaulich und lebendig sein. Veröffentlicht werden sie entweder als »personal publishing« in Weblogs, oder auf kollaborativen Nachrichtenseiten. Es ist aber auch möglich, dass sie als E-Mail an eine Redaktion geschickt und dann durch die Massenmedien veröffentlicht werden. Unter Graswurzeljournalismus können nicht nur mithilfe bei Recherche und Korrektur sondern die Zusendung von Inhalten wie Fotos, Videos und Audiodaten zu verstehen sein, die Augenzeugen erstellt haben.

Gillmor schreibt weiterhin über die zukünftigen Medien:

»If we’re both smart and lucky, future media will be an ecosystem that is vastly richer and more diverse than we have today. It will become a multidirectional conversation, enriching civic dialogue at the local, national and international levels.«

CC BY-NC 4.0 Dieses Werk ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell 4.0 international.


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